Sonntag, 29. November 2015

Dan Simmons - Der Berg

Originaltitel: The Abominabel
Übersetzer: Friedrich Mader



Bei der Mount Everest Expedition 1924 machten sich George Mallory und Andrew Irvine vom Lager VI aus auf den Weg, den Gipfel zu bezwingen. Sie kehrten nicht zurück. Ob sie den Gipfel erreichten ist bis heute nicht bekannt.

Und hier setzt Simmons ein. Wie schon bei seinem Roman "Terror" (hier erzählte er die Geschichte der Schiffe Terror und Erebus, die 1845 auf der Suche nach der Nord-West-Passage im Eismeer verschwanden -> Leseempfehlung!) hat er sich erneut ein reales Ereignis ausgesucht, um das herum er seine Geschichte webt. Diesmal schickt er drei fiktive Bergsteiger los, die ein Jahr nach dem Verschwinden von Mallory und Irvine sowie dem ebenfalls bei der damaligen Mission verschwundenen fiktiven Lord Perci Bromley, herausfinden sollen, was auf dem Berg geschehen ist.

 Zunächst einmal, ich habe keine Ahnung vom Bergsteigen. Eine Wanderung vom Wank herunter ist auch schon alles, was ich in dieser Richtung vorweisen kann. Trotzdem schafft es Simmons, durch seine detaillreichen Beschreibungen eine Faszination für das Klettern zu wecken. Er erzählt so glaubhaft, dass man fast meint, den eisigen Wind spüren zu könnnen, während sich seine Figuren durch Schnee und Eis kämpfen, Gletscherspalten überwinden und Felsen erklimmen. Und gleichzeitig bleibt der Gedanke, dass man schon so ein klitzeklein wenig irre sein muss, um sich soetwas freiwillig anzutun.


Um seine Hauptfigur, den Bergsteiger Jake Perry, vorzustellen, lässt er diesen in einer Einleitung als älteren Mann auftreten, den Simmons zu Recherchezwecken für ein Buch, welches in der Antarktis spielen soll, interviewt. Dieser Part ist sehr selbstironisch und amüsant geschrieben  und enthält auch ein paar Anspielungen auf "Terror". (*griiins* ein mutierter Riesenpinguin?)

Im Weiteren wird dann Jake Perry zum Ich-Erzähler. Und dessen Geschichte beginnt auf dem Gipfel des Matterhorns. Zusammen mit den erfahrenen Bergsteigern Richard Deacon und Jean-Claude Clairoux ist er in den Alpen unterwegs, als sie durch einen Zeitungsartikel die Nachricht vom Tod Mallorys, Irvines und Lord Percivals erhalten. Deacon, der Verbindungen zur Familie des verunglückten Perci hat, sieht die Möglichkeit, von dieser eine Everest-Expedition finanzieren zu lassen. Natürlich sind J.C. und Jake sofort Feuer und Flamme.  

Die Geschichte entwickelt sich - vor allem zu Beginn - sehr langsam. Allerdings hat mich das beim Lesen nicht weiter gestört. Es werden ausführliche Vorbereitungen getroffen und auch technische Schwierigkeiten bis ins letzte Detail beleuchtet. Daneben gibt es noch sehr viel Landschaft und Gegend und Geklettere. Und trotzdem oder vielleicht gerade wegen diesen vielen Einzelheiten hatte das Buch eine richtige Sogwirkung.

Bloß die Action-Spionage-Story im letzten Drittel hätte meinetwegen nicht mehr sein müssen. Auch wenn sie spannend geschrieben war fand ich die Auflösung einfach zu überdreht. Da hätten mir ein paar offen bleibende Geheimnisse besser gefallen.

Trotzdem ein richtig guter Winterschmöker.


Dienstag, 24. November 2015

Weihnachtsmusik


Sonntag ist der erste Advent, draußen schneit es... die Weihnachtszeit hat begonnen *freu*.

Ich weiß ja nicht, wie es bei Euch so aussieht, aber ich liebe Weihnachtsmusik. Ob modern oder altmodisch, besinnlich oder übermütig, klassisch oder rockig - alles ist erlaubt. Alles ist erwünscht.

Der erste Advent ist der Startschuss an dem bei mir MP3-Player (jahaaa ich bin so altmodisch und habe noch so ein Teil statt eines Smartphones), CD-Spieler und Autoradio bestückt werden, denn die nächsten vier Wochen müssen ausgiebig genutzt werden. Hahaaa, jetzt kann Weihnachten kommen.

Und weil die Zeit jedes ja so knapp bemessen ist gibt es bei mir traditionell bloß eine neue Weihnachts-CD pro Jahr. Es sei denn natürlich, gewisse Lieblingskünstlicher überraschen mit einem neuen Album, da greift dann die Ausnahmeregel. Kommt aber leider eher selten vor ;-) . Meine CD des Jahres 2015 ist "A Very She & Him Christmas". In den Song "Baby, It's Cold Outside" habe ich mich schon beim ersten Anspielen verliebt :)))) Zooey Deschanel kannte ich bislang nur als Schauspielerin (z.B. als Trillian in "Per Anhalter durch die Galaxis"), doch auch ihre Singstimme kann sich wirklich hören lassen. Die CD ist insgesamt sehr ruhig gehalten, der Gesang steht im Vordergund und wird eher sparsam musikalisch untermalt, wodurch eine sehr sanfte Stimmung erzeugt wird.


Wie sieht es bei euch aus? Mögt ihr Weihnachtsmusik? Was sind eure Lieblingsalben? Was könnt ihr empfehlen?





In meine Hitliste gehören auf jeden Fall Smith & Burrows mit "Funny Looking Angels", Sting mit "If on a winter's night" und der Sampler "A very special acoustic Christmas".












 
 Und dann wäre da noch "Bound for Bethlehem" von Bruce Guthro. Ähm ja, die wäre so was von unter die Ausnahmeregel gefallen, hätte man sie damals nicht bei einem Konzert vorbestellten können. Das ist so eine Folk-Rock-Mischung von traditionellen und eigenen Liedern. Soooo schön.  ... und daher ganz dreist hier ein kleiner Werbelink *g*




Sonntag, 22. November 2015

Suzanne Hayes und Loretta Nyhan - Ich schreib dir jeden Tag

Originaltitel: I'll be seeing you
Übersetzer: Nina Bader



Das Buch beginnt im Januar 1943. Der Krieg ist im Gange und die Angehörigen zu Hause warten auf Nachricht von ihren Lieben. Bei einem Frauentreffen werden Adressen für Briefkontakte vermittelt, um sich gegenseitig Trost zu spenden und über die Wartezeit hinwegzuhelfen. Etwas widerwillig nimmt Glory an dieser Aktion teil und schnappt sich den übrig gebliebenen Zettel mit der Adresse der "Gartenhexe".

Das Buch war für mich ein Zufallstreffer, gekauft als Trostpflaster im verregneten Sommerurlaub. Viel hatte ich nicht erwartet, ich fand es bloß interessant, mal wieder einen Briefroman zu lesen. Mein letzter war "Deine Juliet" von Mary Ann Shaffer, und somit lag die Messlatte seeeehr hoch. Doch auch wenn sich die beiden Bücher nicht unbedingt vergleichen lassen haben mich Hayes und Nyhan schnell in ihren Bann gezogen.

Die Hauptfiguren Rita und Glory sind vollkommen unterschiedlich. Jedoch entwickelt sich zwischen den Beiden durch ihre Briefe eine tiefe Freundschaft, die fast greifbar spürbar ist. In diesen Briefen nehmen beide kein Blatt vor den Mund und schreiben sehr offen und frei über ihren Alltag, Familie und Freunde. Dabei beschönigen sie nichts und berichten auch über zweifelhafte Entscheidungen und natürlich ihre Sorgen. Doch geraten sie nie ins Jammern oder greifen zu kitschige Beschreibungen. Sie schreiben sich all ihre Änge und ihren Kummer von der Seele und helfen sich gegenseitig, die Perspektive nicht zu verlieren.

Durch diese Erzählweise kommt man als Leser den Figuren sehr nahe. Und so war ich beim Lesen zusammen mit Rita besorgt um Glory, als diese sich mehr und mehr zu einem anderen Mann hingezogen fühlt, habe mit Glory Ritas Gartentipps und Anekdoten über Mrs. K. gelauscht und mich über die Annährerung an ihre Schwiegertochter gefreut. Auch die hin und her gesandten Rezepte waren spannend (allerdings auch gruselig, weil sie so sehr auf den Mangel an allem hinweisen).

Interessant ist auch das am Ende des Buches abgedruckte Interview mit den Autorinnen, die sich - ebenso wie ihre Protagonistinnen - während des Schreibens nie begegnet sind.

Mittwoch, 18. November 2015

John Niven - Old School


Originaltitel: Sunshine Cruise Company
Übersetzer: Stephan Glietsch



Oh my. Diese Buch ist speziell. Und ich kann verstehen, wenn es nicht jedermanns Sache ist, denn an manchen Stellen ist es schon ziemlich derb. Also Leser, sei gewarnt, dies ist kein Kuschel-Buch (jedenfalls für meinen Geschmack).

Bitterböse Satire trifft es schon viel besser. Und amüsant ist das Buch auf jeden Fall.

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen die Freundinnen Susan und Julie. Während Susan ein ruhiges bürgerliches Leben als Ehefrau und Mutter geführt hat war Julie eher der extravagante Typ, tingelte viele Jahre durch die Weltgeschichte, eröffnete eine eigene Boutique und hatte wechselnde Affären. Doch Susans sichere Welt bricht auseinander, als ihr Mann bei Spielchen mit einer Domina an einem Herzinfakt stirbt und ihr einen Berg Schulden hinterlässt.

Uns so sind die beiden Freundinnen jetzt mit 60 Jahren trotz aller Unterschiede am gleichen Punkt angelangt, sie sind enttäuscht, allein und pleite... und beschließen eine Bank auszurauben. Und damit beginnt eine skurrile Geschichte um einen Bankraub, der zu einer Art Roadtrip quer durch England und Frankreich wird.

Natürlich ziehen die beiden den Raub nicht alleine durch. Mit dabei sind Nails, ein Ex-Knacki und Ex-Freund von Julie, der über Erfahrung und Ausrüstung verfügt, das 87jährige im Rollstuhl sitzende Ex-Showgirl Ethel und die brave Jill, die schon Schnappatmung bekommt, wenn neben ihr jemand flucht. Also ein echtes Dreamteam.

Mir hat es jedenfalls einen Heidenspaß gemacht, diese Truppe zu begleiten. Natürlich ist alles stark übertrieben, und so soll es ja auch sein. Trotzdem schafft es Niven, seine Figuren glaubhaft darzustellen und ohne große Schnörkel sehr einprägsame Persönlichkeiten zu schaffen. Dazu kommt eine sich rasant entwickelnde Handlung, die es schwer macht, das Buch aus der Hand zu legen. Gerade auch weil die Kapitel ziemlich kurz sind ist die Versuchung groß, nur noch ein Weiteres lesen zu wollen. Und noch eins, und noch eins...


Dienstag, 10. November 2015

Ben Aaronovitch - Schwarzer Mond über Soho

Originaltitel: Moon over Soho
Übersetzer: Christine Blum


Teil 1: Die Flüsse von London (Rivers of London)
Teil 2: Schwarzer Mond über Soho (Moon over Soho)
Teil 3: Ein Wispern unter Baker Street (Whispers Under Ground)
Teil 4: Der Böse Ort (Broken Homes)
Teil 5: Fingerthut-Sommer (Foxglove Summer)
Teil 6: The Hanging Tree (noch nicht erschienen)










Und weiter geht es zur zweiten Runde. Die Geschichte um den Polizisten und Magierlehrling Peter Grant setzt wenige Wochen nach den Geschehenissen aus Teil eins ein. Diesmal muss sich Peter gleich um mehrere übernatürliche Verbrechen kümmern. Zum einen scheint es jemand auf Jazz-Musiker abgesehen zu haben. Nach einem erfolgreichen Auftritt versterben diese plötzlich und unerklärlich, weisen jedoch eine magische Signatur auf. Und außerdem gibt es noch eine geheimnisvolle... Frau, die ihre Opfer anknabbert (nein, nicht wie ein Vampir *urgs*, viel ekliger) und verbluten lässt.

Die Handlungsfäden werden in diesem zweiten Band komplett dort wieder aufgenommen, wo es beim letzten mal endete, inklusive der Handycaps der Figuren. So ist beispielsweise Nightingale noch lange nicht vollständig wiederhergestellt, mit dem Ergebnis, dass Peter oft auf sich allein gestellt loszieht. Es gibt zwar auch einige Ausbilder-Lehrling-Szenen, trotzdem ist er eben gleichzeitig ein fertiger Polizist, der eigenverantwortlich Ermittlungen anstellt (soweit es sein Dienstgrad erlaubt). Besonders gefallen hat mir auch wieder, wie schon im Vorgängerband, sein Ansatz die Magie mit wissenschaftlichen Methoden zu erforschen, eigene Theorien aufzustellen und mit mehr oder weniger Erfolg selbst Sprüche weiterzuentwickeln... bzw. daran herumzupfuschen, wie Nightingale es nennen würde.

Man merkt, wie die von Aaronovitch kreierte Welt immer weiter ausgebaut wird. Die Nebenfiguren bekommen mehr Profil und die magische Welt eine Vergangenheit verpasst. Und trotzdem hatte ich beim Lesen das Gefühl, dass hier erst an der Oberfläche gekratzt wurde. Schließlich wird zum Ende hin zwar ein Rätsel gelöst, dafür entstehen aber etliche neue Fragen und ein irrer Fiesling betritt die Bühne.

Weiterlesen? Aber so was von.

Sonntag, 1. November 2015

Ben Aaronovitch - Die Flüsse von London


Originaltitel: Rivers of London
Übersetzer: Karlheinz Dürr





Teil 1: Die Flüsse von London (Rivers of London)
Teil 2: Schwarzer Mond über Soho (Moon over Soho)
Teil 3: Ein Wispern unter Baker Street (Whispers Under Ground)
Teil 4: Der Böse Ort (Broken Homes)
Teil 5: Fingerthut-Sommer (Foxglove Summer)
Teil 6: The Hanging Tree (noch nicht erschienen)




Dieses Buch hat meinen Blick schon seit einer gefühlten Ewigkeit immer wieder auf sich gezogen. Ich habe es jedoch nie in die Hand genommen, weil ich nicht noch eine weitere Serie unbestimmter Länge anfangen wollte. Und eigentlich hatte ich auch etwas völlig anderes erwartet. Keine Ahnung warum, aber ich hatte immer ein viktorianisches Setting vor Augen. Nun ja, Magie und das alte London passen einfach so gut zusammen. Aber nix da, diesmal spielt die Story in der Gegenwart... und ich bin begeistert (so sehr, dass nach dem zweiten Kapitel auch die restlichen Bücher bei mir eingezogen sind).

Ort der Handlung: London, Covent Garden. Mitten in der Nacht wird vor der Oper eine enthauptete Leiche gefunden. Nachdem Mordkommission, Spurensicherung & Co. mit ihrer Arbeit durch sind obliegt es Peter Grand und seiner Kollegin Lesley, den Tatort zu überwachen. So weit, so normal. Wäre da nicht ein gewisser Mr. Wallpenny, der sich Peter gegenüber als Zeuge zu erkennen gibt, als Lesley mal kurz verschwindet. Die Sache hat nämlich einen Haken: Wallpenny ist ein Geist.

Die Geschichte ist herrlich schräg. Erzählt aus der Sicht von Peter Grant gibt es jede Menge Selbstironie und flapsige Sprüche. Peter und Lesley sind Polizisten, die gerade am Ende ihrer Probezeit stehen. Und während auf Lesley eine Stelle bei der Mordkommission wartet scheint es für Peter in Zukunft wohl eher einen ungeliebten Büroposten zu geben. Wäre da nicht noch Thomas Nightingale, der durch die Geschichte mit dem Geist auf Peter aufmerksam wird und ihm eine Alternative bietet. Denn Nightinghale leitet eine (mehr oder weniger geheime) Abteilung der Polizei, die sich mit dem Übernatürlichen beschäftigt. Obwohl "leitet eine Abteilung" vielleicht etwas übertrieben ist. Er ist die Abteilung. Es gibt nämlich nur noch ihn.

Und damit beginnt für Peter eine ganz besondere Ausbildung, in der er unter anderem mit Göttern, Mythen und magischen Phänomenen konfrontiert wird... und nebenbei auch noch hinter einem Serienkiller her ist.  

Einen kleinen Minuspunkt gibt es von mir für die Auflösung der Probleme mit den Flussgöttern. Bitte nicht falsch verstehen, ich mochte die Geschichte und die doch sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten von Mutter und Vater Themse sehr. Aber am Ende hätte ich mir doch noch ein klein wenig mehr gewünscht. Aber vielleicht wird das ja in den Folgebänden noch einmal aufgegriffen.



... und jetzt schnappe ich mir Band 2